Tokyo - eine mörderische Stadt

Wie gewohnt hat die Anreise super geklappt. In Tokyo selbst standen wir dann aber plötzlich vor fast unlösbaren Problemen. In den Untergrundstationen gibt es teilweise mehr als 30 Ausgänge, die bis zu einem Kilometer auseinander liegen. Eine Orientierung ist teilweise schier unmöglich. Auch TokyoterInnen sieht man verzweifelnd mit dem Navi-Handy in der Hand nach Orientierung suchend. Die richtige U-Bahn zu finden ist durch logische Farb- und Zahlmarkierungen sehr einfach. Bei jedem Wechsel muss man sich aber durch Schranken lotsen, Treppen auf und abgehen, aufpassen, dass man dem Vordermann nicht zu nahe kommt. Von überall her strömen Menschen auf einen zu und alle haben es fürchterlich eilig. Fragt man einen Angestellten nach dem Weg, so erhält man meistens eine falsche Auskunft. Die Japaner können nicht zugeben, dass sie keine Antwort auf unsere Fragen haben. Stattdessen bemühen sie sich durch Anrufe (wen auch immer) sowie Recherchen im Netz zu helfen. Uns wäre oft besser geholfen gewesen, wenn sie gesagt hätten, dass sie keine Ahnung haben. Am ersten Abend sind wir durch das Vergnügungszentrum in Shinjuku gelaufen - oder besser gesagt geschoben worden. Enge Gassen mit Menschentrauben die sich langsam voran schieben. Nach einiger Zeit war das Aufnehmen der Umgebung fast nicht mehr möglich. Die Suche nach einer ruhigeren Nebenstraßen blieb erfolglos. Zu unserem Pech waren wir am Wochenende in der Stadt, wo gefühlt alle TokyoterInnen den Weg in die Stadt suchten. Am darauf folgenden Montag war es schon erheblich "ruhiger" (d.h. man wurde nicht mehr geschoben sondern konnte langsam laufen ). Wir dachten, dass wir als "Großstädter" bestens auf Tokyo vorbereitet sind. In Wirklichkeit ist Berlin im Vergleich zu Tokyo ein verschlafenes Dorf. Selbst in Außenbezirken ist ein reges Leben zu sehen. Die Bahnen fahren mit sehr vielen Waggons fast im zwei - Minutentakt. In einem Punkt hinkt Tokyo auf jeden Fall hinter ganz vielen Metropolen hinterher: den Fahrstühlen. In den größten Kaufhäusern und Hotels (oft mit mehr als 10 Stockwerken) gibt es häufig nur einen oder zwei Fahrstühle, die gefühlt eine Ewigkeit brauchen, bis sie einen erreichen. Wir haben sicherlich viele Minuten wartend vor den Fahrstühlen gestanden um am Ende doch die Treppen zu benutzen. Hier muss bis zu Olympia 2020 noch einiges geschehen. Apropo 2020: Dieses Jahr sollte man auf jeden Fall nicht in Japan verbringen. An zahlreichen Stellen in der Stadt wird gebaut und renoviert. Die jetzt schon sehr hohen Preise dürften dann geradezu explodieren. Und da das IOC oft daran mit verdient, wird von deren Seite auch kaum eine Reaktion zur Mäßigung erfolgen. Wir hatten uns vorsorglich einen Metro-Pass für 3 Tage gekauft. Damit dürfen aber längst nicht alle Bahnen genutzt werden. Uns hat's trotzdem gereicht. Allerdings sind die Bahnhöfe so groß und weitläufig, dass man Kilometer um Kilometer in unterirdischen Labyrinthen zurücklegt und dies erst am Abend spürt. Es wird kaum einen Touristen in Tokyo geben, der sich nicht die Füße wund gelaufen hat.

Einige Ziele, die wir (nicht) erreicht haben

Wir wollten in Tokyo die Orte aufsuchen, an denen Yoshiko ihre Jugend- und Studentenzeit verbracht hat. Da das nun fast ein halbes Jahrhundert zurückliegt und die Stadt sich rasant verändert hat, war das ein mutiges Unternehmen. Ihre Mittelschule haben wir auf Anhieb im Zentrum gefunden. Das Gebäude ist zwar neu, aber es ist immer noch eine Schule mit demselben Namen und edler Lage. Ihren Wohnort bei ihrem Onkel in einem Außenbezirk haben wir aber nicht gefunden. Selbst die S-Bahnen haben ihre Namen und Orte geändert, es steht kaum mehr ein älteres Haus. Ihre Universität (Chuo-Uni) findet man über das Netz sehr schnell, aber auch sie hat wohl ihr super gelegenes innerstädtisches Gebäude gegen ein größeres in den Außenbezirken getauscht. Nur eine Memorialhall erinnert noch daran, dass hier einmal eine bedeutende Universität stand, die im Mai 68 an zahlreichen Auseinandersetzungen beteiligt war. Die Suche nach ihrer Highschool haben wir aus Zeitmangel aufgegeben. Ebenso sparten wir uns viele touristische Attraktionen. Mit etwas Glück entdeckten wir ein lokales Tempelfest, das Japan typisch dekoriert war und leckere Speisen im Angebot hatte. Bei ausgelassener Stimmung konnten wir hier einige Zeit verbringen und die Stimmung auf uns wirken lassen.
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